Kann das österreichische Gesundheitssystem ein Vorbild für Deutschland sein? Dieser Frage gehen drei Studierende der OTH Regensburg nach. Sie absolvieren derzeit ein Auslandspraktikum an den Landeskrankenhäusern Innsbruck und Hall in Tirol. Prof. Dr. Dorothea Thieme, die als Praxisbeauftragte für den Bachelorstudiengang Pflege die Studierenden während ihrer Praxiseinsätze betreut, machte sich jüngst in Österreich selbst ein Bild von der Arbeitsstätte ihrer Schützlinge.
Die Studierenden erzählten begeistert von ihren Erfahrungen. Wie in Deutschland, ist auch in Österreich der Pflegefachkräftemangel ein großes Thema. Es werde jedoch anders damit umgegangen. „Durch eine vorzeitige Bettensperre bei krankheitsbedingten Ausfällen, fangen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier keine zusätzliche Arbeit auf. In den Tiroler Kliniken wird mehr Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt, vom Praktikanten bis zur Servicekraft, werden alle Meinungen mit einbezogen und evaluiert“, sagt die Pflegestudentin Jasmin Klesse.
Fast eineinhalb Jahre bereiteten sich Jasmin Klesse, Tobias Bender und Hanna Zingerle auf das Praktikum vor. Denn der Abstecher ins Ausland stand kurz auf der Kippe, wie Prof. Dr. Thieme berichtet: „Das Pflegestudiumstärkungsgesetz, das zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, soll durch die Festanstellung der Studierenden und einer monatlichen Vergütung das Pflegestudium für junge Menschen attraktiver gestalten. Jedoch waren nun plötzlich neue, vertragliche Regelungen nötig, die kurzfristig umgesetzt werden mussten.“ Gemeinsam mit den Verantwortlichen der Tiroler Klinken, der Uniklinik Regensburg als praktischem Ausbildungsträger der drei Studierenden und viel Geduld sei es aber dann doch gelungen, die Studierenden in das lang ersehnte Auslandspraktikum zu entsenden.
Inzwischen haben sich die Studierenden einen persönlichen Eindruck des österreichischen Gesundheitssystems verschafft und kehren mit wertvollen, praxisorientierten Ideen zurück nach Deutschland. „Hier in Österreich habe ich während meines Praktikums viel dazulernen dürfen und eigenständiges Arbeiten sowie Verantwortung übernehmen gelernt. Dies möchte ich so auch in Deutschland weitergeben und den Pflegeberuf somit wieder attraktiver gestalten“, sagt Studentin Hanna Zingerle. Besonders heben die drei Studierenden das Schichtmodell hervor: Statt eines klassischen Drei-Schicht-Modells wie in Deutschland, arbeiten die österreichischen Pflegekräfte zwölf Stunden. Eine Vier-Tage-Woche wird angestrebt, um die Balance zwischen Vergütung und Arbeitsbedingungen zu optimieren.
Prof. Dr. Dorothea Thieme tauschte sich bei ihrem Besuch in Österreich selbst mit den Verantwortlichen der Pflegedirektion und der leitenden Stationsschwester zu den Themen Akademisierung in der Pflege, Arbeitszeitmodelle, Schichtarbeit und interdisziplinäre Zusammenarbeit aus. Thieme ist zudem bereits in Kontakt mit weiteren internationalen Kooperationspartnerinnen und -partnern in der Schweiz sowie im skandinavischen Raum.