Einen exklusiven Einblick in die Strukturen des deutsch-tschechischen Jugendaustausches bekamen am 1. Juni 2018 Studierende der „Sozialen Arbeit“ in Pilsen. Der Leiter des deutsch-tschechischen Koordinierungszentrums „Tandem“ Thomas Rudner mit Sitz in Regensburg und Pilsen bot die Exkursion im Rahmen seiner Lehrveranstaltung „Internationale Jugendarbeit“ an.
Für die hochkarätige Veranstaltung interessierte sich auch Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker, die sehr viele Informationen und Anregungen für ihr Lehrgebiet „Bildungsarbeit“ mitnehmen konnte. „Wann hat man sonst schon Gelegenheit, Einblicke aus erster Hand von jemanden zu bekommen, der in den Ministerien und Botschaften aus und ein geht“, so die Professorin der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg).
Internationale Jugendarbeit im Fokus
Mit Thomas Rudner konnte die Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften im Sommersemester 2016 einen ausgewiesenen Kenner der internationalen Jugendarbeit als Lehrbeauftragten gewinnen. Der Diplom-Politologe und Sozialbetriebswirt war bereits als Bezirksjugendsekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes und als zweiter Präsident des Bayerischen Jugendrings in verschiedenen Bereichen der internationalen Jugendarbeit tätig. Seit 2006 leitet er „Tandem“, das Koordinierungszentrum deutsch-tschechischer Jugendaustausch.
Die Koordinierungszentren in Regensburg und Pilsen sind die zentralen Fachstellen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik für den Jugend- und Schüleraustausch zwischen den beiden Staaten. „Tandem“ wird finanziert vom Bundesfamilienministerium sowie von den Freistaaten Bayern und Sachsen.
In seiner Lehrveranstaltung „Internationale Jugendarbeit“ vermittelt Thomas Rudner den Studierenden zum einen die „Basics“, also die gesetzlichen Grundlagen, Strukturen, Finanzierungsinstrumente und Akteurinnen und Akteure der internationalen Jugendarbeit. Es geht aber vor allem auch um die aktuelle internationale und europäische Jugendpolitik: die Entwicklung von der „Völkerverständigung“ zur diversitätsbewussten Jugendarbeit. Der Kurs ist im Modul „Erziehungs- und bildungswissenschaftliche Vertiefung“ angesiedelt, Modulbeauftragte ist Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker.
Von der Vernetzung bis zur transnationalen Erinnerungskultur
Bei der Exkursion zum tschechischen Pendant der Regensburger Koordinierungsstelle stand die Darstellung und Vernetzung der internationalen Jugendarbeit (z. B. mit dem deutsch-französischen, dem deutsch-israelischen oder dem zu gründenden deutsch-griechischen Jugendwerk) im Mittelpunkt. Besonders beeindruckt zeigte sich Prof. Dr. Schroll-Decker von den Projekten zur transnationalen Erinnerungskultur.
„Tandem hat es geschafft, einen Arbeitskreis zur Erinnerungsarbeit zu gründen, an dem Vertreter*innen verschiedener KZ-Gedenkstätten mitarbeiten“, so die Professorin. In diesem Arbeitskreis geht es auch um die inhaltliche Fortentwicklung der Erinnerungsarbeit auf nationaler Ebene sowie in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Konkrete Aktionen und weitere Infos zur Entwicklung der Erinnerungsarbeit sind online unter dem Motto "Gemeinsam erinnern" nachzulesen.
Hilfreich: Methode der deutsch-tschechischen Sprachanimation
Die Exkursionsgruppe lernte außerdem die Methode der deutsch-tschechischen Sprachanimation kennen. Mit diesem Programm kann in einem relativ kurzen Zeitraum zumindest der Ansatz einer Sprechfähigkeit hergestellt werden. „Ein wesentliches Element im deutsch-tschechischen Jugendaustausch“, so Thomas Rudner.
Aktuell wecken etwa 70 von Tandem ausgebildete Sprachanimateurinnen und -animateure in Deutschland und Tschechien Interesse für die jeweilige Nachbarsprache. Von Januar bis November 2017 wurden knapp 16.000 Deutsche sowie Tschechinnen und Tschechen mit diesem Programm erreicht. „Tandem“ gelang es auch, in einem Netzwerk der Schuldirektorinnen und -direktoren das Interesse an der deutschen Sprache neu zu beleben.
Bei der Exkursion in die europäische Kulturhauptstadt 2015 stand außerdem eine interaktive Stadtführung von „Tandem“ auf dem Programm, und das inklusive Vermittlung einiger tschechischer Begriffe. Die Führung begann im ehemaligen Depot des Städtischen Verkehrsbetriebs, das im Rahmen der Kulturhauptstadt-Aktivitäten in die kreative Zone DEPO 2015 verwandelt worden war und das inzwischen ein Zentrum zur Unterstützung kreativer Unternehmenstätigkeit ist. Die Studierenden besuchten außerdem die Pilsener Synagoge, die die drittgrößte der Welt ist, sowie die St.-Bartholomäus-Kathedrale.
Die Exkursion endete für die Studierenden und für Prof. Dr. Schroll-Decker am Pilsener Bahnhof Nyrany, während Thomas Rudner weiter nach Prag zu einem Empfang zum 20-jährigen Bestehen des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds fuhr.