Migrationspolitik

Internationale Tagung zur Migrationspolitik in der Europäischen Union 2024

Im Mai beschäftigten sich Studierende der Fakultät S im Rahmen iner internationalen Tagung zur Migrationspolitik in der EU mit Fragen rund um das polnische Migrationssystem und den länderspezifischen Strategien zur Integration.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 herrscht in der gesamten Ukraine Krieg. Infolgedessen sind tausende ukrainische Zivilisten und Zivilistinnen gestorben, hunderttausende Menschen mussten aus ihren Heimatregionen in andere Landesteile und über 6 Millionen Menschen (Stand April 2024) in europäischen Nachbarländer fliehen. In den Aufnahmeländern der EU herrschte eine große Aufnahmebereitschaft sowie große zivilgesellschaftliche Solidarität mit den ukrainischen Geflüchteten. Gab es länderspezifische Unterschiede in den Aufnahmeverfahren sowie in den Integrationsmaßnahmen für ukrainische Geflüchtete? Wie wurden die Menschen aufgenommen und integriert? Mit Fragen wie diesen beschäftigten sich im Mai 2024 Studierende der Bachelorstudiengänge Berufsbegleitende Soziale Arbeit (BABS) und Soziale Arbeit (BASO) der Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften gemeinsam mit Referentinnen und Referenten aus Deutschland und Polen.

Migrationssystem in Polen noch recht jung

Eröffnet und moderiert wurde die Veranstaltung von der Organisatorin Prof. Dr. Martina Ortner, Professorin für Migrationssensible Soziale Arbeit an der OTH Regensburg. 

Den inhaltlichen Auftakt der Tagung erfolgte durch Dr. Anna Linka - Expertin für interkulturelle Bildung und interkulturelle Kompetenz sowie Vertreterin der Universität Szczecin (Polen) im Rat für Hochschulbildung und Integration von Migranten und Flüchtlingen. In ihrem Vortrag gab Dr. Linka den Studierenden einen Überblick über das noch recht junge polnische Migrationssystem, da bis 1989 internationale Migration in Polen ein weitgehend unbekanntes Phänomen war. Mit der Entwicklung der europäischen Migrationspolitik und dem Beitritt Polens zur EU im Jahr 2004 ergaben sich neue Chancen und Herausforderungen, sodass sich Polen zunehmend zu einem Einwanderungsland entwickelte (offiziell seit 2019). Während Polen in den Jahren 2015/2016 kaum Bereitschaft zeigte Geflüchtete aufzunehmen, gibt es seit 2022 eine große Solidarität und Aufnahmebereitschaft gegenüber ukrainischen Geflüchteten, sodass die Frage der Integration im weiteren Verlauf thematisiert wurde: Es gebe zwar verschiedene Ansätze zur Integration von Menschen mit Migrationsbiografie, die Umsetzung erweise sich jedoch als schwierig, da das polnische System die Möglichkeit, interkulturelle Kompetenz zu entwickeln und zu nutzen, blockiere. Ein tiefergehendes Verständnis des polnischen Migrationssystems zu erlangen sowie die Wirkung interkultureller Sozialer Arbeit auf die Gesellschaft in Polen und Deutschland zu analysieren, war Hauptbestandteil der darauffolgenden Diskussionsrunde.

Herausforderungen der Migration

Der zuvor theoretische Input wurde anschließend durch die Studierenden von Dr. Justyna Szlachta-Ignatowicz um eine persönliche Note ergänzt. Dr. Szlachta-Ignatowicz lehrt an der Universität Warschau im Bereich Interkulturelle Studien zu Mittel- und Osteuropa. Der Fokus des Vortrags lag auf Warschau als historischer Ort der Migration. Anschließend berichteten ukrainische und belarussische Studierenden von ihren persönlichen Erfahrungen und Herausforderungen als Geflüchtete in Polen. Sie sprachen über individuelle Migrationsursachen, die große Aufnahmebereitschaft und eine starke Solidarität, die sie in schwierigen Zeiten erfahren durften. Studierende aus Polen berichteten zudem von ihren Erfahrungen in Warschau, als infolge des Angriffskrieges plötzlich viele ukrainische Geflüchtete ankamen und wie die polnische Zivilbevölkerung ohne staatliche Hilfe und vor allem mit ehrenamtlichen Kräften Unterstützungsstrukturen aufbauten. In den anschließenden Diskussionsrunden konnten sich die Studierenden vertiefend über die länderspezifischen Unterstützungsstrukturen für Menschen mit Flucht- und Migrationsbiografie austauschen, Differenzen und Ähnlichkeiten diskutieren sowie offene Fragen klären und miteinander ins Gespräch kommen.

Campus Asyl e.V. in Regensburg

Zum Abschluss der Veranstaltung stellten Raja Müller und Samira Essmann den Verein Campus Asyl e.V. und seine Angebote vor. Campus Asyl zählt zu einem der wichtigsten Akteure im Bereich der Integration von Menschen mit Fluchtbiografie in Regensburg. Der Verein steht für die Förderung einer vielfältigen Gesellschaft, die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen und eine ethisch verantwortungsvolle Asylpolitik. In über 20 Projekten mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten (u.a. durch die Hochschulgruppe, Sprachangebote für spezifische Zielgruppen oder Angebote für Kinder/Jugendliche oder Frauen) unterstützt Campus Asyl, größtenteils ehrenamtlich, Menschen mit Fluchtbiografie in vielfältigen Lebensbereichen. In der finalen Diskussionsrunden konnten sich die Studierenden am Beispiel von Campus Asyl über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der deutschen und polnischen Ansätze zur Integration von Menschen mit Migrations- und Fluchtbiografie austauschen. Auch wenn historisch betrachtet deutliche Unterschiede in der Migrationsgeschichte zwischen Deutschland und Polen zu erkennen sind, lässt sich festhalten, dass zivilgesellschaftliches Engagement und hierausresultierende Angebotsstrukturen in beiden Ländern eine entscheidende Rolle bei der gelingenden Integration von geflüchtete Menschen einnehmen. Dies wird auch durch die Erfahrungsberichte der ukrainischen und belarussischen Studierenden bestätigt. 

Die internationale Tagung war ein großer Erfolg und ermöglichte den Studierenden beider Länder in einen gemeinsamen Austausch zu kommen und einen Einblick in die Migrationspolitik sowie in zivilgesellschaftliche Strukturen der Arbeit mit Geflüchteten zu bekommen.

Blick in einen Hörsaal.
Internationale Tagung zur Migrationspolitik in der Europäischen Union 2024. Foto: OTH Regensburg/Mitch Rue