Umbauen statt Neubauen

Tagung gab viele Impulse für die Stadtentwicklung

Der Architekturkreis Regensburg e.V. feierte 30. Jubiläum. An der OTH Regensburg fand dazu die Tagung „UmBaukultuR“ mit hochrangigen Gästen aus der Architektenszene und Disziplinen wie Ökonomie, Soziologie und Ökologie statt.

Wie groß das Interesse am Thema (Um-)Bauen ist, zeigte sich beim Eröffnungsabend der Tagung „UmBaukultuR“ am 12. Oktober nicht nur in der Zahl der Gäste oder den leidenschaftlichen Grußworten, sondern auch in den lebhaften Diskussionen und den spannenden Vorträgen am 13. Oktober. Rund 150 Gäste waren zum Auftakt in das Fakultätsgebäude Architektur der OTH Regensburg gekommen, an die 200 Gäste zählte die Tagung insgesamt.

Seit 30 Jahren widmet sich der Regensburger Architekturkreis der städtischen Baukultur und war damals einer der ersten Baukulturvereine in Deutschland, wie Bernd Rohloff, Beirat des Vereins, in seinem Grußwort betonte. Die Installation des Gestaltungsbeirats war ein erster großer Aufschlag des Vereins. Zudem pflegt der Verein eine Kultur des Miteinanders unter den Architekten, die es so in anderen Branchen nicht gebe. Der Verein setzte sich von Beginn an vor allem dafür ein, dass der Dialog über baukulturelle und stadtentwicklungsrelevante Themen in Politik und Stadtgesellschaft angeregt wurde. Der Umzug der Vortragsreihe vom Salzstadel in das Degginger im Jahr 2016 habe den Verein noch präsenter in der Stadt gemacht.

Architekturkreis ist ein Verfechter der Stadtbahn

Rohloff betonte, dass sich der Architekturkreis immer wieder in relevante Projekte einbringe und pro oder kontra argumentiere. Der Verein ist ein Verfechter einer gut funktionierenden Stadtbahn als eine für jedermann einfach und kostengünstig nutzbare Mobilitätsgarantie für die Region in der Zukunft, zeigte sich aber enttäuscht über einige stadtentwicklungspolitische Entscheidungen wie z.B. den Abriss des Lutherhauses am Kepler-Areal. Die Umnutzung des Stadtlagerhauses als Kreativareal wolle man ebenso vorantreiben wie die Entwicklung des Stadtteils Reinhausen. Über allem stehe das Ziel, Alltagsbausubstanz zu erhalten, neu zu nutzen und dabei Ressourcen zu schonen und CO2 zu sparen.

Eng verbunden mit dem Verein ist die Fakultät Architektur an der OTH Regensburg, die nicht nur den Nachwuchs ausbildet, sondern in Person von Professor Dietmar Kurapkat auch im Beirat des Vereins präsent ist. Daher war es naheliegend, dass der Architekturkreis sein Jubiläum eben hier an der Fakultät feiert.

Ressourcen schonen und Gebäude qualitätvoll weiternutzen

Prof. Dr. Ralph Schneider, Präsident der OTH Regensburg, betonte in seinem Grußwort daher: „Wir leben in einer Zeit, in der wir unser Denken und Handeln den Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit anpassen müssen. Die ressourcenschonende und qualitätvolle Um- und Weiternutzung bestehender Gebäude, wie sie in der Fachcommunity diskutiert wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Auch die OTH Regensburg selbst hat mit dem Campus in Prüfening in den kommenden Jahren eine spannende Herausforderung zu meistern.

Auf ebensolche Herausforderungen ging auch Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer ein – von Solarpanels auf historischen Dächern des Welterbes bis zum Wärmenetz für den historischen Altstadtkern gebe es viel Diskussionsbedarf. Um diese Debatten fachlich fundiert zu führen sei Sie der Meinung, dass der Architekturkreis auch in den nächsten 30 Jahren dringend gebraucht werde.

Franz Damm, Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, hob in seinem Grußwort den notwendigen ökologischen Wandel in der Bauwirtschaft hervor. Es passe daher sehr gut, dass die Tagung an der OTH Regensburg stattfindet, da die benötigten Kompetenzen hier bereits im Studium vermittelt werden müssen.

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Baukultur, Rainer Nagel, hielt im Anschluss die Key Lecture des Eröffnungsabends. Er hatte beeindruckende Zahlen mitgebracht: 74,4 Tonnen Bauschutt pro Jahr fallen in Deutschland aufgrund von Neubauten an. Es müsse ein Umdenken her: Umbauen statt Neubauen sei das Credo. Großes Potential gebe es bei den 16,1 Millionen Einfamilienhäusern in Deutschland, die zu einem gewissen Prozentsatz aufgestockt oder angebaut werden können und somit viel neuen Wohnraum bieten würden. Seine Ausführungen reichten von der Verkehrsinfrastruktur über Holzbauten bis zum Umgang mit der richtigen Dämmung von Häusern.

Zukunftsperspektiven für die Baukultur in Regensburg

Mit vier Statements zur Umbaukultur aus den Blickwinkeln Nachhaltiges Bauen, Gesellschaft, Volkswirtschaft und Neunutzung der Innenstadt wurde die Bandbreite der Tagung des kommenden Tages aufskizziert. Die Intention der Tagung sei es, den Status-quo der Baukultur in Regensburg zu reflektieren, Meinungen und Erfahrungen auszutauschen, sich zu vernetzen und gemeinsam über die Zukunftsperspektiven der Baukultur zu diskutieren, wie Sabina Sommerer, 2. Vorsitzende des Architekturkreises erläuterte. Dies alles wurde bei einem geselligen Austausch zum Abschluss des Eröffnungsabends bereits lebhaft praktiziert.

Am Freitag ging es weiter mit spannenden Vorträgen zu Umbaukreisläufen, kreativen Impulsen, Studien, Landschaftsbau, gesellschaftlicher Bedeutung von Umbau-Architektur und vielen weiteren Themen, die von hochrangigen Vertretern der Bau- und Architekturszene Deutschlands wie Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführende Vorständin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V., Alexis Angelis, Architekt BDA und Projektentwickler aus Oldenburg, Wohnwendeökonom Dr. Daniel Fuhrhop oder Prof. Daniel Baur aus Basel beleuchtet wurden. Entsprechend der notwendigen interdisziplinären Herangehensweise an künftige Planungs- und Bauaufgaben referierten zudem Experten anderer Fachbereiche wie Prof. Dr. Kristof Dascher, Professor für Handelsimmobilien oder Prof.in Dr. phil. Sandra Schütz ihre Blickwinkel zur geforderten Umbaukultur. Zudem berichteten Vertreter gesellschaftlicher Initiativen wie dem Mietshäuser Syndikat von Ihren Erfahrungen. Außerdem stellten Studierende ihre Visionen zur Zukunft des Bauens vor und diskutierten mit den Experten am Podium.

Am Abend wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Bussen zur ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne gebracht, einem der Zukunftsorte Regensburgs. Der Architekturkreis setzt sich für den Erhalt und die Nutzung der letzten noch verbliebenen Kasernengebäude ein, zum einen um die graue Energie zu erhalten, zum anderen, um einen historischen Identitätspunkt für das neue Quartier zu setzen. In diesen Hallengebäuden stieg nach dem finalen, aber nicht weniger grandiosen Werkbericht von Franz Schönert vom Büro Hütten und Paläste aus Berlin die große Umbau-Party.

Die erste Podiumsdiskussion behandelte das Thema UmBauOptionen. Foto: Julius Peisl
Rund 200 Gäste kamen insgesamt zur Tagung "UmBaukultuR". Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler
Der Architekturkreis setzt sich für den Erhalt und die Nutzung der letzten noch verbliebenen Kasernengebäude in der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne ein. Foto: Sabina Sommerer
Franz Damm, Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, hob in seinem Grußwort den notwendigen ökologischen Wandel in der Bauwirtschaft hervor. Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Baukultur, Rainer Nagel, hielt die Key Lecture des Eröffnungsabends. Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler
Die Fakultät Architektur der OTH Regensburg ist eng mit dem Architekturkreis verbunden. Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler
Bernd Rohloff, Beirat des Architekturkreis Regensburg e.V., begrüßte die Gäste am Eröffnungsabend. Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler
Prof. Dr. Ralph Schneider, Präsident der OTH Regensburg, betonte wie wichtig der ressourcenschonende Umgang beim Bauen ist. Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler
Die Tagung UmBaukultuR an der Fakultät Architektur der OTH Regensburg fand viel Zuspruch. Foto: OTH Regensburg/Simone Grebler